Call-by-Call und Preselection nach wie vor gefragt!
Tele2 spricht sich für weitere Regulierung des Marktes aus
In Kürze steht eine weitere Regulierungsrunde für Call-by-Call und Preselection vor der Tür. Zurzeit beraten die Bundesnetzagentur (BNetzA) und andere europäische wie auch nationale politische Entscheider über die Zukunft der Sparvorwahlen. Eine mögliche Entscheidung der Bundesnetzagentur gegen eine Regulierung würde das Ende von Call-by-Call und Preselection, einer nach wie vor sehr beliebten Sparmöglichkeit beim Telefonieren, bedeuten. Die Folge: Rund fünf Millionen Privathaushalte wären gezwungen, auf Call-by-Call und Preselection zu verzichten und müssten für ihre Telefonate etwa eine Milliarde Euro mehr pro Jahr ausgeben. Diese Zahlen, ermittelt im Rahmen eines wissenschaftlichen Gutachtens, standen im Mittelpunkt einer Expertendiskussion, die auf Initiative des Düsseldorfer Telekommunikationsanbieters Tele2 und weiteren Call-by-Call-Anbietern am 23. September 2015 in Köln stattfand. Vertreter der BNetzA, aus der Politik, der Wissenschaft und der Presse diskutierten über die Notwendigkeit von Call-by-Call und Preselection für den Telekommunikationsmarkt, den Wettbewerb und die Verbraucher. Der Haupttenor: Sparvorwahlen sollen nicht gefährdet werden. Denn die Konsequenzen einer Deregulierung wären gravierend.
Auch heute, in Zeiten von Flatrates und Internettelefonie, wählen Menschen aus rund fünf Millionen Privathaushalten beim Telefonieren eine Sparvorwahl. Der Grund dafür ist klar: Sie können damit bis zu 90 Prozent ihrer Gesprächskosten sparen! Seit 1998 nutzen die Deutschen Call-by-Call (das Wählen einer Sparvorwahl vor einer Telefonnummer) und Preselection (die Sparvorwahl wird durch eine Voreinstellung automatisch gewählt). Diese Möglichkeit gibt es seit der Liberalisierung des Telekommunikationsmarkts 1998. Jetzt droht den noch immer stark genutzten Sparvorwahlen das Aus – durch eine mögliche Deregulierung.
Bis zu 1 Milliarde Euro Mehrkosten für Verbraucher
Aktuell geht man in Brüssel davon aus, dass Call-by-Call und Preselection keine Bedeutung mehr für den gesamteuropäischen Markt haben. Aber: Gilt das auch für Deutschland? Haben Call-by-Call und Preselection hier tatsächlich so an Bedeutung verloren und gibt es vergleichbare Alternativen für die Verbraucher? Für Prof. Dr. Torsten Gerpott und Prof. Dr. Peter Winzer, die das Gutachten von Dialog Consult „Vorteile von Call-by-Call und Preselection-Angeboten für Privatkunden aus ökonomischer Sicht“ im Auftrag von Tele2 und anderen Telekommunikationsanbietern erstellt haben, sind Call-by-Call und Preselection kein Auslaufmodell. „Der Markt für Call-by-Call ist nach wie vor ein bedeutsamer. Bis zu einer Milliarde Euro müssten Verbraucher Jahr für Jahr aus eigener Tasche mehr bezahlen, wenn Call-by-Call und Preselection wegfallen würden. Für uns ist das ein klares Zeichen, dass Sparvorwahlen für viele Verbraucher noch immer sehr wichtig sind“, sagte Prof. Gerpott. Dass ein Wechsel zu Alternativangeboten nicht so einfach realisierbar ist, weiß Oliver Rockstein, Geschäftsführer von Tele2 Deutschland, aus eigener Erfahrung. Vor allem, wenn es um ältere Verbraucher geht, die zur Hauptnutzergruppe von Preselection zählen. „Alles, was diese Menschen wollen, ist ein funktionierender Telefonanschluss und möglichst niedrige Telefonkosten. Sie wollen sich nicht mit neuen, komplizierten Technologien auseinandersetzen, sie wollen kein Internet, sie interessieren sich nicht für Komplettpakete. Sie sind seit Jahrzehnten bei der Telekom und wollen weder das ändern, noch einen anderen Vertrag bei der Telekom oder einem Mitbewerber abschließen. Eine Sparvorwahl ist für sie oft die einzige Chance, beim Telefonieren den eigenen Geldbeutel zu schonen. Alles andere würde sie einfach überfordern“, berichtete der Telekommunikationsexperte.
Oliver Rockstein, Geschäftsführer Tele2 Deutschland
„Eine Sparvorwahl ist vor allem für ältere Menschen oft die einzige Chance, beim Telefonieren den Geldbeutel zu schonen.“
Deregulierung mit Gefahren für den Markt?
In einem weiteren Gutachten, das ebenfalls Grundlage der Paneldiskussion darstellte, ermittelten die Experten von WIK Consult, dem Wissenschaftlichen Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste, die Bedeutung von Call-by-Call und Preselection für den deutschen Telekommunikationsmarkt. Denn die Einführung der Sparvorwahlen im Jahr 1998 gilt noch heute als Startschuss für die Liberalisierung des Marktes und gesunden Wettbewerb. Zu möglichen Gefahren für den Telekommunikationsmarkt, im Fall der Deregulierung von Markt 2, äußerte sich Dr. Henseler-Unger, Geschäftsführerin von WIK Consult: „Ein Wegfall der Regulierung hätte negative Folgen vor allem für den Wettbewerb im Endkundenmarkt. Hier wäre mit steigenden Kosten für Telefonate ins Ausland und in die Mobilfunknetze zu rechnen. Das gilt umso mehr, als dass heute noch viele Haushalte von preisgünstigen Produkten der Wettbewerber abgeschnitten würden. Deswegen empfiehlt auch WIK eine weitere Regulierung des Marktes 2.“
Veränderungen am Markt ziehen ebenfalls Veränderungen für den Verbraucher mit sich. Dessen ist sich auch die Bundesnetzagentur bewusst, die bereits im vergangenen Jahr eine Entscheidung im Regulierungsbereich treffen musste. Michael Schimmel, Referatsleiter Ökonomische Grundsatzfrage der Regulierung Telekommunikation bei der Bundesnetzagentur, nahm die Ergebnisse der präsentierten Studien und die Argumente der Panelisten ernst: „Auch unsere eigenen Erhebungen belegen, dass der Markt für Call-by-Call und Preselection für die deutschen Verbraucher nach wie vor eine Bedeutung hat. Es ist aber deutlich geworden, dass die Hürde, die es beim nächsten Mal zu nehmen gilt, durch die EU-Märkteempfehlung höher geworden ist. Denn wir müssen prüfen, ob der deutsche Telekommunikationsmarkt sich in diesem Segment durch nationale Besonderheiten auszeichnet, um die Regulierung im Markt 2 aufrechtzuerhalten.“
Politisches Stimmungsbild: Contra in Brüssel, pro in Berlin
Die EU-Kommission hat bereits 2014 mit der Überarbeitung der Märkteempfehlung entschieden, einige Teile des europäischen Telekommunikationsmarktes nicht mehr für die Regulierung zu empfehlen. Darunter auch die Märkte, die in Deutschland Voraussetzung für die Existenz von Call-by-Call und Preselection sind. Die nationale Entscheidungshoheit hat jedoch die Bundesnetzagentur. Und sie folgte der EU-De-Regulierungstendenz nicht, sondern entschied: Markt 1 (Zugang von Privat- und Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten) wird weiter reguliert. Sie schuf damit eine wichtige Basis für das Fortbestehen von Call-by-Call und Preselection. Doch nicht nur die Regulierung von Markt 1, sondern auch die weitere Regulierung von Markt 2 (Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten) ist wichtig, damit die 5 Millionen Haushalte in Deutschland, nach wie vor Call-by-Call und Preselection nutzen können. Diese Entscheidung und damit eine weitere Regulierungsrunde stehen jetzt bevor. Die Bundesnetzagentur, kann aber von der Empfehlung der EU-Kommission abweichen und Markt 2 auch weiterhin regulieren. Hierfür müssen in Deutschland nationale Besonderheiten vorliegen, die eine weitere Regulierung erfordern. Und genau das ist der Fall: die Anzahl der Nutzer ist weiterhin hoch, die Einsparmöglichkeiten sind erheblich und es mangelt an Alternativen für diese Nutzer. Diese Besonderheiten belegen auch die Dialog-Consult- und die WIK-Studie.