Die Deutsche Telekom stellt nach und nach alle Festnetzkunden auf internetbasierte Telefonie um. Betroffen sind davon geschätzte 15 Millionen Telekom-Kunden in Deutschland. Noch hat die Telekom sich nicht klar geäußert, ob die Umstellung per Kündigung oder technisch erfolgen soll. Eine Umstellung per Kündigung hätte dabei deutliche Nachteile. Die Inhaber herkömmlicher analoger Telefonanschlüsse, von denen es noch immer über sechs Millionen in Deutschland gibt, träfe es dabei besonders hart. Viele von ihnen wären mit der Situation überfordert, weil sie sich im unübersichtlichen Markt wenig auskennen. Einige würden unter Umständen noch nicht einmal die Kündigungsschreiben verstehen. Einziger Ausweg: Die Telekom verpflichtet sich, diese Verträge nicht zu kündigen, sondern eine technische Umstellung vorzunehmen.
Generell gibt es zwei Möglichkeiten, die Umstellung auf IP-basierte Technologie vorzunehmen: Die Telekom stellt die Anschlüsse rein technisch um. Für den Kunden ist diese Änderung nicht spürbar. Der zweite Weg, den das Unternehmen bereits in der Vergangenheit gewählt hat, ist eine Kündigung. In diesem Fall werden die Verbraucher in einen neuen Vertrag gelockt – oft zu höheren Kosten als bisher.
Bereits im Herbst vergangenen Jahres gab es die erste Welle der Umstellung der Anschlüsse durch die Telekom: 300.000 VDSL-Kunden in vielen Städten Deutschlands erhielten eine Kündigung. Wer auf die Schreiben nicht reagierte, dem drohte die Deutsche Telekom mit Abschaltung des Telefonanschlusses. Bis 2018 will der Bonner Konzern sämtliche Festnetzanschlüsse auf IP-Technologie umgestellt haben, was zu einer zukunftsgerichteten Leistungssteigerung der Netze auch sinnvoll und notwendig ist. Spätestens 2017 steht die nächste Welle an. Dann trifft es, so wie Telekom angekündigt hat, die ISDN- und DSL-Anschlussinhaber – und die Kunden in Deutschland, die über alleinstehende analoge Anschlüsse telefonieren. Davon gibt es noch immer über sechs Millionen.
Tele2 appelliert an die Telekom
„Die Umstellung auf IP macht durchaus Sinn“, sagt Dr. Gerd Kiparski, Unternehmenssprecher von Tele2 Deutschland. „Sollte die Telekom dabei den Weg der Kündigung wählen, wäre das mit erheblichen Nachteilen für die Kunden verbunden. Wir können davon ausgehen, dass zum Beispiel ältere Menschen mit diesem Vorgehen überfordert werden könnten. Aber auch viele andere Telekom-Kunden würden die Schreiben kaum verstehen und allein deshalb nicht darauf reagieren. Und plötzlich ohne Telefonanschluss dastehen. Deshalb appellieren wir dringend an die Telekom, eine rein technische Umstellung vorzunehmen und keine Kündigungen auszusprechen. Das ist auf jeden Fall sehr einfach möglich.“ Verlauten lassen hat die Telekom bereits, sich vorstellen zu können, die Umstellung der analogen Telefonanschlüsse über spezielle Karten in den Vermittlungsstellen zu lösen, die die Telefonsignale dort umwandeln. Für Tele2 ist dies die beste Lösung. Denn, so Dr. Gerd Kiparski: „Das würde vielen Menschen ersparen, selbst aktiv zu werden und etwas machen zu müssen. Auch an der monatlichen Grundgebühr würde sich nichts ändern.“ „Wenn die Telekom argumentiert, aus technischen Gründen umstellen zu müssen und dann gewisse Features nicht mehr anbieten zu können, muss sie diesen Wegfall auch den Kunden gegenüber offen kommunizieren“, so VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. „Ansonsten bekommt man den Eindruck, dass sie sich auf diesem Weg der Wettbewerberdienste wie Call-by-Call entledigen möchte.“
Dr. Gerd Kiparski, Unternehmenssprecher
„Wir appellieren dringend an die Telekom, eine rein technische Umstellung vorzunehmen und keine Kündigungen auszusprechen.“
Kündigungen: Mit klaren Nachteilen für Telefon-Kunden
Selbst wenn die IP-Umstellung auf die neuen NGN-Netze (NGN = Next Generation Network) perspektivisch sinnvoll und notwendig ist, wäre es nicht fair und verbraucherfreundlich, die Kosten dafür auf die Kunden abzuwälzen. Denn sie würden im Falle einer Kündigung zum Wechsel in einen anderen Tarif der Telekom mit Zweijahresvertrag gedrängt. Die neuen Anschlüsse sind entgegen der Behauptung der Telekom auch nicht unbedingt günstiger, ganz im Gegenteil! Darüber hinaus brauchen alle Wechselkunden einen IP-fähigen Router. Auch der kostet ab 60 Euro – oder muss von der Telekom dazugemietet werden.
Ein ebenso großes Problem sieht Tele2 in der Verbraucherfreundlichkeit. „Ganz unabhängig davon, dass das Vorgehen der Telekom nicht wettbewerbsfreundlich ist, kann es aus unserer Sicht nicht sein, dass man Kunden dazu zwingt, sich ein neues Angebot auszusuchen“, sagt Dr. Gerd Kiparski. „Wenn die Telekom schon all ihre Anschlüsse umstellt, dann sollte das so verbraucherfreundlich wie möglich sein. Die Umstellung über Karten, die die Telefonsignale in den Vermittlungsstellen automatisch umwandeln, ist dafür die eindeutig bessere Alternative.“
VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner unterstreicht: „Es geht nicht darum, die Internet-Telefonie grundsätzlich in Frage zu stellen. Irgendwann müssen alle umgeschaltet werden. Aber das Vorgehen der Telekom gegenüber den Kunden in diesem Zusammenhang ist nicht akzeptabel. Es kann nicht sein, dass die Telekom die Umstellung mit Vehemenz nutzt, um ihre im Vergleich zu heutigen Angeboten häufig teureren Bündeltarife zu bewerben, um Laufzeiten zu verlängern oder neu zu begründen.“
Quelle: E-Mail