Führende Telekommunikationsverbände fordern Neujustierung der deutschen Breitbandpolitik
Der Aufbau nachhaltiger und zukunftssicherer Kommunikationsinfrastrukturen ist nach Auffassung der führenden Telekommunikationsverbände ANGA, BREKO, BUGLAS und VATM sowie des FTTH Council Europe eine der zentralen Zukunftsaufgaben für Deutschland und muss von einer weitsichtigen und verlässlichen Wirtschafts- und Regulierungspolitik begleitet und flankiert werden. Anlässlich ihres heute in Berlin stattfindenden Breitband-Symposiums „Der Weg in die Gigabit-Gesellschaft“ sprechen sich die Verbände in einem gemeinsamen Thesenpapier für eine Neujustierung der Breitbandpolitik hierzulande aus und fordern in einer gemeinsamen Zukunftsagenda eine „echte Gigabit-Strategie“ und faire Wettbewerbsbedingungen ein.
Gigabit-Netze seien von entscheidender Bedeutung für Unternehmen, Privatkunden und den öffentlichen Sektor. „Sie schaffen Lebensqualität, Wachstum und Arbeitsplätze“, betont ANGA-Präsident Thomas Braun. Themen wie Industrie 4.0, Anforderungen neuer Energienetze, moderne Verwaltung mit E-Government, verbesserte Gesundheitsversorgung mit E-Health oder neue Formen der Arbeit und der Mediennutzung bieten Chancen, benötigen jedoch entsprechende Voraussetzungen: „Die Nachfrage nach Bandbreite wächst bereits jetzt messbar kontinuierlich, und nur zukunftssichere Kommunikationsinfrastrukturen können die bereits heute absehbaren Anforderungen an Geschwindigkeit und Servicequalität erfüllen.“
Die Gigabit-Gesellschaft benötigt im Verlauf der nächsten zehn Jahre Gigabit-Kommunikationsnetze, die solche Bandbreiten beim Endkunden tatsächlich zur Verfügung stellen. Im Festnetz sind dies Glasfaseranschlüsse, die bis in die Gebäude (FTTB) oder bis in die Wohnung (FTTH) reichen. „Auch für Mobilfunk-Lösungen werden in der Regel auf Glasfasernetzen basierende Infrastrukturen benötigt“, stellt VATM-Präsident Martin Witt heraus. „Diese müssen frühestmöglich errichtet oder aufgerüstet werden, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken und eine digitale Spaltung zu verhindern.“
Die Initiative ist sich einig, dass der dafür notwendige Breitbandausbau nur im Wettbewerb gelingen kann. Dieser sei Antrieb für einen effizienten Ausbau, die stetige Verbesserung der Produktqualität und die Entwicklung neuer Dienste und Applikationen. Nicht zuletzt profitierten Bürger und Unternehmen auch von günstigen Preisen. Privilegien und Regulierungserleichterungen oder die Schaffung neuer Monopole in Bereichen des langfristig nicht zukunftsfähigen Kupfernetzes setzten dagegen die falschen Anreize.
„Zukunftssichere Glasfasernetze in Stadt und Land sichern nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland und spielen bei der Wahrung und dem Ausbau von Wohlstand daher eine entscheidende Schlüsselrolle“, bekräftigt BREKO-Präsident Norbert Westfal. „Wettbewerb sorgt dabei nicht nur für einen weitgehend eigenfinanzierten Glasfaserausbau, sondern sichert selbst bei geförderten Ausbauprojekten größtmögliche Qualität bei geringstmöglichem Fördermitteleinsatz.“
„Die bisherigen Breitbandziele der Bundesregierung können höchstens als Zubringer zur eigentlichen Datenautobahn der Zukunft angesehen werden“ wirbt BUGLAS-Präsident Jens Prautzsch für einen grundlegenden Neustart der deutschen Breitbandpolitik: „Die richtigen Weichenstellungen sind jetzt notwendig.“ In dem Zusammenhang dürfe die Ausbauagenda bis 2018 höchstens als Wegmarke verstanden werden, keinesfalls jedoch als Ziel. In einer zukunftsorientierten Breitbandstrategie müsse ein nachhaltiger Netzausbau Vorrang haben vor Übergangslösungen. „Wenn hingegen eine Übergangslösung wirtschaftlich sinnvoll erscheint, muss sie wenigstens so angelegt sein, dass ein weiterer Ausbau nicht erschwert oder verzögert wird“, so Prautzsch. Die Regulierung von Zwischenlösungen wie Vectoring müsse daher in jedem Fall den Aspekt der Übergangstechnologie betonen.
„Die Bundesrepublik muss aufpassen, dass sie im internationalen Vergleich nicht den Anschluss verliert“, mahnt Prof. Hartwig Tauber, Geschäftsführer des FTTH Council Europe. „Andere Länder sind da bereits deutlich besser aufgestellt.“ Somit müssten in Brüssel weiterhin nationale Besonderheiten der Marktstruktur berücksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund seien eine „One-size-fits-all“-Regulierung und die Entmachtung nationaler Regulierung kontraproduktiv.
Die unterzeichnenden Verbände sehen das gemeinsame Thesenpapier als inhaltliche Grundlage für weitere Diskussionen, die konstruktiv mit allen Beteiligten geführt werden sollen. Um der Ernsthaftigkeit ihres Anliegens Nachdruck zu verleihen, beabsichtigen die Verbände, künftig entsprechende Fortschrittsberichte zu veröffentlichen.